Apulien – Zwischen weißen Städten, Trulli und dem Blau der Adria

Ein Glas Primitivo Rosato, ein Tisch voller apulischer Köstlichkeiten und enge romanische Gassen im Abendlicht – so beginnt unsere Reise im süditalienischen Bari. Schon nach wenigen Stunden fühlen wir uns angekommen, eingelullt von der mediterranen Wärme und der fröhlichen Leichtigkeit dieser Hafenstadt.

Am nächsten Tag tauchen wir tiefer in Bari Vecchia ein. Zwischen Wäscheleinen und Blumenkästen, zwischen lachenden Kindern und freundlich grüßenden Nachbarn, scheint das Leben hier im Rhythmus der Gassen zu pulsieren. Vor der St.-Nikolaus-Kirche tummeln sich viele Besucher von den Kreuzfahrtschiffen, doch hinter den Mauern findet sich immer wieder eine stille Ecke. Besonders am Abend, wenn die Touristen verschwunden sind und die Bareser auf den Straßen Karten spielen, tafeln oder an der Hafenmauer sitzen, spürt man die Seele der Stadt.

Mit einem quitschgelben Fiat Panda fahren wir weiter südwärts, vorbei an Oleanderhecken und kargen Küstenabschnitten. In Polignano a Mare blicken wir auf die Häuser, die wie Schwalbennester aus den Felsen wachsen, und kosten fangfrische Gamberi-Brötchen. In Monopoli schlendern wir durch elegante Gassen, bevor wir in einer Masseria zwischen Olivenhainen übernachten – ein Glücksfall nach einem kleinen Buchungsfiasko. Hier beginnen wir zu verstehen, wie sehr das ländliche Apulien vom Rhythmus der Jahreszeiten und den jahrhundertealten Olivenbäumen geprägt ist.

Ein Boot bringt uns in die Grotten von Polignano, wo die Brandung den Fels durchlöchert hat wie einen Käse, und wenig später stehen wir zwischen den Trulli von Alberobello. Die weiß getünchten Rundhäuser mit Spitzdächern wirken wie aus einem Märchenbuch. So einzigartig die Architektur, so überfüllt sind die Gässchen – bis wir am Abend in einem versteckten Paradiesgarten einkehren, wo eine Michelin-Küche zu apulischen Spezialitäten aufspielt. Ein kulinarischer Höhepunkt, der uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Am nächsten Tag ziehen wir weiter: Locorotondo, eine Perle aus weißem Kalkstein, Blumen und kleinen Plätzen, danach eine Abkühlung am Meer. Schließlich erreichen wir Ostuni, die „weiße Stadt“, die lebendiger wirkt als alle zuvor. Hinter unserem Zimmer verbirgt sich ein stiller Hofgarten, während draußen auf der Piazza Sant’Oronzo eine sommerliche Leichtigkeit herrscht, die bis tief in die Nacht anhält.

Die Reise führt weiter nach Lecce, durch Olivenhaine, die vom Feuerbakterium zerstört sind, und vorbei an Speedboot-Rennen in Brindisi. In Lecce staunen wir über den barocken Überschwang der Basilica di Santa Croce, deren filigrane Steinmetzarbeiten Fantasie und Glauben ineinanderfließen lassen. Wir lernen, Orecchiette zu drehen, und fahren anschließend zum Meer, wo alte Wachtürme von Angriffen längst vergangener Zeiten erzählen. In Otranto erleben wir das süditalienische Strandleben – quirlig, farbig, manchmal überfüllt, aber stets mit einem Hauch von Dolce Vita.

An der zerklüfteten Küste besuchen wir die Grotta Zinzilusa und mieten ein Boot in der Marina von Castro, bevor wir in einer ruhigen Masseria einkehren. Die Tage wechseln nun zwischen lebendigem Küstentrubel und stiller Entspannung. In Gallipoli besichtigen wir alte Ölmühlen, die einst Lampenöl für Europa produzierten, und sehen die Sonne im Meer versinken. Bei Porto Cesareo finden wir einen fast verborgenen Strand mit kristallklarem Wasser, und in Manduria degustieren wir Primitivo direkt zwischen den Reben – kraftvolle Weine, die das Herz Apuliens widerspiegeln.

Dann Taranto, eine Stadt zwischen Geschichte und Verfall. Eng gebaute Zugänge statt Stadtmauern, viele Ruinen, eine Lostplace-Atmosphäre. Umso schöner wirkt der Kontrast, als wir weiter ins Landesinnere fahren: Olivenhaine, sanfte Hügel, Feigenbäume – und schließlich Matera. Schon der erste Blick auf die Sassi raubt den Atem. Die verschachtelten Höhlenwohnungen, die seit Jahrtausenden bewohnt sind, scheinen aus der Zeit gefallen. Einst Schandfleck Italiens, heute UNESCO-Welterbe und Kulturhauptstadt, erleben die Sassi ihre Renaissance. In der Hitze des Tages ruhen wir in einem Höhlenzimmer, am Abend streifen wir ehrfürchtig durch enge Gassen und Treppenlabyrinthe. Matera ist einzigartig in der Welt – und der Höhepunkt unserer Reise.

Zum Abschluss führt uns der Weg nach Gravina in Puglia, wo wir mitten in ein Filmset stolpern. James Bond jagte hier schon über das Aquädukt, und auch heute wirkt die Kulisse wie geschaffen für große Geschichten. Über den Nationalpark Alta Murgia erreichen wir schließlich Giovinazzo an der Adria. Ein süßes Hafenstädtchen, Beach-Bars, ein letztes Menü voller Überraschungen – und schon heißt es Abschied nehmen.

So endet unsere Reise durch Apulien: zwischen weißen Städten und barocken Fassaden, zwischen uralten Olivenhainen, Felsküsten und warmem Meer. Apulien ist nicht makellos, manchmal rau, manchmal überlaufen – doch gerade das macht seinen Reiz aus. Wer Ursprünglichkeit, Kultur und Lebensfreude sucht, wird hier reich beschenkt.


Tipps für eine Reise nach Apulien

Beste Reisezeit

  • Mai–Juni und September–Oktober: warm, aber nicht überfüllt, ideal für Rundreisen.

Anreise & Fortbewegung

  • Flüge nach Bari oder Brindisi.
  • Ein Mietwagen ist fast unverzichtbar – kleine Autos (Fiat Panda & Co.) sind praktisch in engen Gassen und für die Parkplatzsuche.
  • Vorsicht: manche Masserien liegen abgelegen, Navigation über Google Maps oder Offlinekarten ist hilfreich.

Unterkünfte

  • Masserien: restaurierte Gutshöfe mit Charme, teils luxuriös, teils rustikal – ideal zum Entspannen.
  • Trulli: in Alberobello und Umgebung gibt es stilvolle Übernachtungsmöglichkeiten in den runden Steinhäusern.
  • Zentrale Unterkünfte in den Altstädten bieten Atmosphäre, aber oft wenig Parkmöglichkeiten.

Kulinarik

  • Probieren: Orecchiette, Burrata, frischen Fisch & Meeresfrüchte, Primitivo- und Negroamaro-Weine.
  • Viele Restaurants öffnen erst spät abends – besser vorher reservieren, besonders in beliebten Orten.
  • In Strandbars gibt es oft einfache, frische Snacks – perfekt für die Mittagszeit.

Highlights & Aktivitäten

  • Städte: Bari Vecchia, Monopoli, Ostuni, Lecce, Otranto, Matera (UNESCO).
  • Küste: Grotten von Polignano und Castro, Strände bei Porto Cesareo, Gallipoli und im Salento.
  • Wein & Kulinarik: Degustationen in Manduria, Orecchiette-Kochkurse, Essen in Masserien.
  • Kultur: Sassi von Matera, barocke Bauwerke in Lecce, Trulli von Alberobello.

Besonderheiten

  • Strände: viele Abschnitte sind von Beachclubs belegt (Liegestuhl-Pflicht), aber mit etwas Suche findet man auch freie Strände.
  • Autofahren: Landstraßen sind teils schmal, Parken in Altstädten oft schwierig – Gelassenheit ist gefragt.