Ein eisiger Hauch schlägt uns entgegen, als wir spätabends im finnischen Kittilä landen. Das Thermometer zeigt minus 28 Grad, die Atemluft schneidet in die Lungen. Doch über uns tanzen die ersten Nordlichter – als ob sie uns persönlich willkommen heißen würden. Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir Levi, ein Wintersportort, der noch im hell erleuchteten Abend pulsiert. Ein Spaziergang durch die Kälte reicht, um zu spüren: hier oben herrscht eine andere Welt. Nach einem Essen mit lappländischen Spezialitäten verschwinden wir rasch unter warme Decken – bereit für das Abenteuer, das vor uns liegt.
Am nächsten Morgen lassen wir das volle Levi hinter uns und fahren nordwärts. Schon nach wenigen Kilometern herrscht Ruhe auf den Straßen. Schneebedeckte Wälder, zugefrorene Seen und Flüsse begleiten uns, bis wir die finnisch-norwegische Grenze erreichen. Selbst Bushäuschen sind beleuchtet, als wollten sie den Menschen ein wenig Licht in dieser langen Dunkelheit schenken. Immer wieder müssen wir anhalten, trotz Temperaturen von bis zu –32°C. Die Landschaft verlangt danach, festgehalten zu werden, und sogar Rentiere posieren geduldig vor der Kamera. Als wir Alta erreichen, liegt die Stadt bereits in Dunkelheit. Wir besuchen die Nordlichtkathedrale, spazieren durch die Straßen und lassen den Abend bei einem heißen Gløgg ausklingen – bevor wir uns zufrieden und mit kalten Füßen in die Betten sinken lassen.
Der nächste Tag führt uns hinaus aufs Meer. Im Altafjord wimmelt es von Heringen, und wo Heringe sind, da sind auch Wale. Schon nach kurzer Fahrt taucht eine ganze Schule von Orcas auf – 10 bis 15 Tiere, die uns fast zwei Stunden umkreisen. Als dann noch zwei Buckelwale in der Abendsonne auftauchen, scheint das Schauspiel vollkommen. Kälte an Fingern und Zehen wird nebensächlich. Am Abend fahren wir in die Dunkelheit hinaus, an Lagerfeuerstellen unter freiem Himmel, und sehen erneut Nordlichter über uns tanzen.
Unsere Reise führt uns weiter nach Hammerfest – ein Umweg, doch die nördlichste Stadt der Welt wollten wir uns nicht entgehen lassen. Von einer Anhöhe sehen wir noch kurz auf die Stadt und den Fjord, bevor dichter Schneefall alles verschluckt. Viel zu bieten hat Hammerfest im Winter nicht, und so setzen wir den Weg fort nach Honningsvåg. Es wird zur abenteuerlichen Fahrt: dichter Schneefall, dunkle Straßen, und jedes Mal, wenn uns ein Auto entgegenkommt, verschwinden wir für Sekunden im weißen Nichts. Dank Spikes auf den Reifen bringt uns die Straße dennoch sicher ans Ziel.
Von Honningsvåg aus brechen wir am nächsten Tag zum Nordkapp auf. Im Winter ist die Straße oft gesperrt – nur in geführten Konvois darf man ans Ende Europas fahren. Wir reihen uns in die kleine Kolonne ein und folgen dem Schneepflug durch eine Landschaft, die im Winterlicht märchenhaft leuchtet. Und dann sind wir da: am nördlichsten Punkt Europas. Die berühmte Kugel steht einsam und ohne Menschenmassen auf den Klippen. Wo sich im Sommer hunderte drängen, haben wir den Ort fast für uns allein. Euphorisch, fast ehrfürchtig, genießen wir den Moment, schicken uns eine Karte mit dem Nordkapp-Stempel und wärmen uns im Café, bevor es zurückgeht.
Der Weg führt uns schließlich nach Karasjok, mitten ins Land der Sami. Die Fahrt entlang des Porsangerfjords zeigt uns ein weiteres Mal die Vielfalt dieser Landschaft: glatte, vom Schnee gebügelte Weiten, Nebel, der alles verschluckt, und dann wieder ein plötzlicher Durchbruch der Dämmerung, der die Bäume in silbernes Licht taucht. Unterwegs sehen wir unseren ersten Elch. In Karasjok selbst bleibt vieles geschlossen – Museen und Sami-Park öffnen nur in der Saison. Doch die Abgeschiedenheit passt zur Stimmung der Reise.
Tags darauf ist es, als hätten die Tiere beschlossen, sich uns zu zeigen. Ganze zehn Elche kreuzen unseren Weg, dazu Rentiere, die gemächlich am Straßenrand nach Futter scharren oder gar mitten in Inari auf der Straße stehen. Das Wetter bleibt grau, doch die verschneiten Wälder sind auch ohne Sonne wunderschön. Wir erreichen Saariselkä, wo wir die nächsten Tage verbringen.
Hier beginnt eine aktivere Phase der Reise. Mit dem Schneemobil geht es rasant durch Wälder und über Hügel – für den Fahrer ein Traum, für die Mitfahrerin ein Achterbahnabenteuer. Am Nachmittag stapfen wir mit Schneeschuhen durch den Wald, staunen über das magische Nachmittagslicht und die knorrigen Bäume im Winterkleid. Am nächsten Tag wagen wir uns auf eine längere Schneeschuhtour hinauf zum Kiilopää. Der Aufstieg ist anstrengend, doch oben belohnt uns ein seltener Anblick: die Sonne, die nach der Polarnacht wieder über den Horizont steigt. Unten ziehen Rentiere in Herden durch die Ebene, und der eisige Wind treibt uns weiter, bis wir uns mit heißem Beerensaft wieder aufwärmen. Am Abend folgt einer der romantischsten Momente der Reise: eine Fahrt im Rentierschlitten durch verschneiten Wald, begleitet von Geschichten über die Sami-Kultur.
Schließlich geht es zu unserer letzten Station: Äkäslompolo. Unterwegs halten wir in einer alten Goldgräberstadt, die im Winter skurril und wie erstarrt wirkt. Dann begleiten uns nochmals großartige Lichtspiele am Himmel, während wir uns unserem Blockhaus nähern. Dort richten wir uns gemütlich ein, kaufen ein, kochen und genießen das einfache Leben im eigenen Häuschen – ein würdiger Ausklang dieser intensiven Tage im hohen Norden.
So endet unsere Reise: voller Bilder von Nordlichtern und Sonnenfarben, von Walen und Elchen, von Schneestürmen und stillen Wäldern. Lappland und Nordnorwegen im Winter sind rau und kalt, aber gerade darin liegt ihre Magie. Wer Natur, Weite und ein kleines bisschen Abenteuer sucht, wird hier belohnt – mit Momenten, die man nie mehr vergisst.
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