Zwei Tage in Marrakesch – das klingt kurz, doch die Stadt versteht es, Besucher in dieser Zeit restlos zu überwältigen. Für mich war es der erste Aufenthalt in einem muslimischen Land, noch dazu als Frau allein unterwegs. Entsprechend gespannt, neugierig – und auch ein bisschen unsicher – war ich, als ich mich auf den Weg machte.
Eintauchen in die Medina
Mit dem Bus ging es vom Flughafen ins Zentrum, wo mich der berühmte Jamaa-el-Fna-Platz sofort in seinen Bann zog. Er sollte mein Orientierungspunkt für den ganzen Aufenthalt werden.
Inmitten von Motorrädern, Eselkarren, Händlern und Touristen kämpfte ich mich durch die engen Souks – ein wahres Durcheinander aus Geräuschen, Gerüchen und Farben. Wie gut, dass ich nur einen Rucksack dabeihatte, so war der Weg zum Riad schnell gefunden. Hinter einer schlichten Holztür öffnete sich eine Oase der Ruhe: ein Innenhof mit Brunnen, Pfefferminztee und herzlichen Gastgebern.
Doch lange hielt es mich nicht drinnen. Neugierig streifte ich durch die Medina, ließ mich treiben, bis mich schließlich jemand sehr bestimmt auf ein Motorrad lotsen wollte – zu einem „geheimen“ Markt. Ein freundliches, aber entschiedenes Nein, und ich zog mich wieder näher zum Platz zurück.
Die ehemalige Koranschule Madrasa Ben Youssef beeindruckte mich mit filigranen Mosaiken, Zedernholzschnitzereien und kunstvollem Stuck. Der Gedanke, dass hier einst hunderte Schüler den Koran studierten, verlieh den Räumen eine besondere Stimmung. Nach so viel Trubel tat eine Massage im Hamam meines Riads unendlich gut. Auch das anschließende Abendessen dort war ein Erlebnis: Kerzenlicht, ein prächtiger Innenhof und ein „VIP-Tisch“ nur für mich. Als gegen 20 Uhr die Muezzine zum Gebet riefen, entstand eine völlig neue Geräuschkulisse – fremd und faszinierend zugleich.
Paläste, Souks und Streetfood
Mein erster Weg führte zum Bahia-Palast, wo prachtvolle Decken, Zellij-Mosaiken und geschnitztes Holz von verschwenderischem Luxus zeugen. Leider war ein Teil wegen Renovierungen gesperrt. Weiter zu den Saaditengräbern, die ich zwar nicht offiziell fand, aber die umliegenden Gassen boten genug Stoff für Kamera und Neugier. Beim Minarett der Koutoubia-Moschee verhinderten Baugerüste den perfekten Blick, doch ein Abstecher ins Maison de la Photographie mit seiner Dachterrasse machte alles wett.
Am Nachmittag wartete die gebuchte Street-Food-Tour. Mein Guide erklärte, dass die vielen Baustellen in der Stadt bereits Vorbereitungen für die Fußball-WM 2030 seien. Dann begann die kulinarische Reise: frittierte Sardinen mit Auberginen und Tomaten folgten Suppe, süßes Gebäck, Omeletten, marokkanische Donuts, gefüllte Brottaschen und schließlich sogar Schnecken. Letztere kostete ich mit etwas Überwindung – überraschenderweise schmeckten sie vor allem nach der würzigen Brühe, in der sie gekocht waren. Danach ging es weiter zu Nüssen, Oliven, nochmals Brottaschen, einem Milchshake und zum krönenden Abschluss einem eukalyptuslastigen Kräutertee auf dem Jamaa-el-Fna. Der Geschmack erinnerte ein wenig an Fisherman’s Friends im Glas – sehr intensiv!
Schon lange vor dem Ende der Tour war ich mehr als satt. Zum Glück ging es nicht nur ums Essen, sondern auch ums Eintauchen in das abendliche Leben Marrakeschs. Der Platz und die Souks waren jetzt voller Menschen, Händler riefen, Lichter flackerten – eine Atmosphäre, die mich überwältigte.
Marrakesch ist nichts für leise Töne. Die Stadt überwältigt, fordert heraus und fasziniert zugleich. In nur zwei Tagen habe ich unzählige Eindrücke gesammelt – von prachtvoller Architektur über chaotische Märkte bis hin zu kulinarischen Grenzerfahrungen. Als Frau allein unterwegs fühlte ich mich nie unsicher, auch wenn ich mir manchmal bewusst Räume suchte, in denen ich zur Ruhe kam.
Marrakesch hat mir gezeigt, wie intensiv zwei Tage Reisezeit sein können – bunt, laut, chaotisch und wunderschön. Ein Erlebnis, das ich nicht so schnell vergessen werde.
Beste Reisezeit:
Im Frühling und Herbst ist es angenehm warm und weniger überlaufen als im Hochsommer.
Unterkunft:
Ein Riad in der Medina ist weit mehr als nur ein Hotel – hier erlebt man traditionelle Architektur, Ruheoasen und oft eine hervorragende Küche.
Orientierung:
Der Jamaa-el-Fna-Platz ist ein idealer Fixpunkt – von hier aus findet man sich in den verwinkelten Gassen leichter zurecht.
Kleidung & Verhalten:
Als Frau allein unterwegs fühlte ich mich nie unsicher, doch es ist ratsam, sich respektvoll zu kleiden (Schultern und Knie bedecken) und auf zu direkte Angebote freundlich, aber bestimmt zu reagieren.
Fotografieren:
Menschen nicht ungefragt fotografieren – besonders in den Souks reagieren viele Händler empfindlich. Architektur, Waren und Details lassen sich aber problemlos ablichten.
Essen:
Unbedingt Street-Food probieren – wer sich unsicher fühlt, schließt sich am besten einer geführten Tour an. So entdeckt man Spezialitäten, die man allein nie gekostet hätte.
Pausen einplanen:
Marrakesch ist intensiv – kleine Rückzugsorte wie Cafés mit Dachterrassen oder der Innenhof des Riads helfen, die Eindrücke zu verarbeiten.